|
Rückblick
auf 2015
|
8. Oktober 2015
Appell der
Generalversammlung der Europäischen Evangelischen Allianz zur
Flüchtlingsfrage
Aufruf zum Handeln an die
Evangelische Bewegung in Europa
Schwäbisch Gmünd am 8. Oktober 2015
Im
gesamten Verlauf der Geschichte gab es immer wieder
große Ströme von Menschen, die nach Europa kamen, Europa
verließen oder innerhalb Europas umzogen. Als Ergebnis
erlebten wir Invasionen und Konflikte, Vorurteile und
Verfolgungen sowie die Verschiebung nationaler Grenzen
aus denen einerseits neue Kulturen entstanden und
andererseits bestehende Kulturen bereichert wurden. Die
derzeitige Flüchtlingskrise löst bei Vielen Ängste aus.
Bestehende Regeln und Gesetze werden unbeachtet
gelassen. Staaten sind überfordert, und die ethnische
und religiöse Zusammensetzung unserer Länder wird für
immer verändert. Unter vielen Politikern wächst das
Unbehagen statt abzunehmen.
Die Mitglieder der Europäischen Evangelischen Allianz
freuen sich über die spontane Hilfeleistung so vieler
Mitbürger als eine Antwort auf die dringendsten Nöte.
Wir sind dankbar für die zahllosen Brüder und
Schwestern, die sich in die Bemühungen zahlreicher
Kirchen, Gemeinden und Werken eingereiht haben, in
dieser dramatischen Notlage zu helfen.
Zum Abschluss unserer Generalversammlung unter dem Thema
„Von der Exklusion zur Inklusion“ fordern wir die
Evangelikale Bewegung auf, Fremde willkommen zu heißen
sowohl jene, die erst vor kurzem in Europa eingetroffen
sind, als auch „Fremde“ aus einer anderen Volksgruppe,
Kultur oder Religion, die schon lange in unserem Umfeld
leben.
Deshalb:
Motiviert und getrieben von der Liebe Christi zu uns und
zu jedem einzelnen Menschen und im Bewusstsein seiner
unverdiente Güte, die er über uns und alle Menschen
ausgießt, wissen wir, dass wir selbst als Fremdlinge in
dieser Welt leben, und sind überzeugt von dem biblischen
Gebot, für die Waisen, Witwen und Fremde zu sorgen und
sie zu segnen, völlig losgelöst von ihren
Lebensumständen.
Daher verpflichten wir uns selbst und rufen andere
Evangelikale dazu auf, sich uns anzuschließen:
-
Wir bitten
den Heiligen Geist unser Herz zu
überprüfen und unseren Lebensvollzug so zu
verändern, dass wir von aller Furcht und jedem
Vorurteil gegenüber denen befreit werden, die wir
als „anders“ wahrnehmen.
-
Wir feiern
die kulturelle Vielfalt im Leib
Christi wie auch unsere eigene kulturelle Identität.
Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, unsere eigene
kulturelle Identität nicht mit zentralen
theologischen Lehrüberzeugungen zu verwechseln.
Dadurch wird es uns möglich, mit Christen anderer
kultureller Prägung zusammen zu arbeiten, zusammen
Gott anzubeten und gemeinsam Zeugnis zu geben; auch
in unseren örtlichen Gemeinden. Wir blicken voller
Erwartung auf Gottes Ewigkeit, wenn wir als ein
Gottesvolk aus jeder Nation und aus jeder Sprache in
der Gegenwart Gottes ihn anbeten. Wir freuen uns
über jede örtliche multi-kulturelle Gemeinde, die
auch ihren kulturellen Reichtum feiert.
-
Wir beten
für alle diejenigen, die vor Krieg
und Verfolgung fliehen, und
gedenken besonders unserer Brüder und Schwestern in
Christus im Mittleren Osten. Wir beten für Wunder
für diejenigen, die sich mittellos in Gefahr
befinden, dass sie Bewahrung erleben und versorgt
werden. Wir beten für unsere Staaten und Politiker
für Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und
wir beten für die christliche Gemeinde, dass Jesus
Christus uns Liebe, Weisheit und Mut gebe, seine
Liebe weiter zu tragen.
-
Wir wollen
Beispiele der Gnade,
Hoffnung und des Willkommens
in der unmittelbaren Krise sein. Wir rufen
evangelikale Christen auf, die humanitären
Bemühungen in den Ursprungsländern zu unterstützen.
Wir rufen aber auch alle Christen dazu auf,
denjenigen, die zu uns gekommen sind, die Liebe
Christi durch Wort und Tat großzügig weiterzugeben,
gemeinsam mit vielen anderen, die helfen.
-
Wir sind
mit Überzeugung Friedensstifter.
Wir sind nicht naiv angesichts des ungeheuren
Ausmaßes der sozialen, politischen und
wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die vor uns
liegen, aber wir stehen standhaft ein gegen eine
„Politik der Angst“ und für eine „Politik der
Gnade“. Und wir erwarten von den politisch
Verantwortlichen die Intensivierung der Bemühungen
um eine politische Lösung der Konflikte, die den
derzeitigen Exodus ausgelöst haben.
-
Wir wollen
Allen gute Nachbarn sein.
Flüchtlinge benötigen Hilfe, um sich in unseren
Gesellschaften Zuhause zu fühlen. Wir müssen uns
gleichzeitig bewusst sein, dass unsere Länder sich
schon bisher aus einer Vielfalt von Kulturen,
Volksgruppen und Religionen zusammensetzten. Wir
verpflichten uns in Partnerschaft mit anderen
Christen unterschiedlichster Hintergründe,
Freundschaften zu schließen, Gesellschaft zu bauen
und damit ein gutes Zeugnis abzulegen.
Deutsche Übersetzung,
autorisiert durch die Generalsekretäre der Evangelischen
Allianz in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 9.
Oktober 2015
(gez) Hartmut Steeb, Christoph
Grötzinger, Marc Jost
Erklärung
zum Download
|
 |
29. September 2015
Flüchtlingssituation als
Herausforderung annehmen
Der Geschäftsführende Vorstand
der Deutschen Evangelischen Allianz dankt dem Vorstand
der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen vom
Montag, 28. September 2015 für seine Erklärung zur
aktuellen Flüchtlingssituation in Europa und schließt
sich ihr an. Wir bitten die örtlichen Gruppen der
Evangelischen Allianz, sich im Sinne dieser Erklärung
nach Kräften zu engagieren.
Bad Blankenburg 01.10.2015,
Hartmut Steeb, Vorsitzender der Deutschen
Evangelischen Allianz
Erklärung des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft
Evangelikaler Missionen zur aktuellen
Flüchtlingssituation in Europa
Bei seiner letzten
Vorstandssitzung hat sich der AEM-Vorstand intensiv mit
der aktuellen Flüchtlingslage in Europa befasst und
erklärt dazu:
-
Die Bibel
ist voll von Migrationsgeschichten: Adam, Noah,
Abraham, Jakob, Joseph, Mose, David, Hesekiel,
Jeremia, Nehemia, Daniel, Jesus, die Apostel und
frühe Gemeinde... Trotz allem Versagen von Menschen
handelt Gott; er ist souverän und wirkt durch
die weltweite Migration, macht Heilsgeschichte
und will dem Einzelnen ein guter Hirte sein.
-
Die Gemeinde Jesu
war von Anfang an eine Gemeinschaft, die
Menschen aus allen Völkern, sozialen Ständen und
Sprachen, Männer und Frauen in gleicher Weise
einschloss. Sie bildeten eine große Familie. Das
zeichnet die Gemeinde Jesu aus; das gilt es auch
heute in unseren Gemeinden zu lehren und zu leben.
-
In Deutschland
haben wir große Erfahrung, Flüchtlinge willkommen zu
heißen und Migranten zu integrieren. Nach der
Vertreibung von Juden, Christen und Andersdenkenden
im Dritten Reich, haben wir nach 1945 13 Mio.
Vertriebene aus den Ostgebieten integriert, in
den 60-iger Jahren Millionen Gastarbeiter
eingeladen, ab den 70-iger Jahren kamen viele
Russlanddeutsche hinzu, nach 1989/90
Hundertausende Spätaussiedler aus Osteuropa.
Auch jetzt haben wir wieder Gelegenheit, Menschen in
großer Not eine Zuflucht und neue Heimat zu bieten.
Darum fordern wir alle Gemeinden auf, sich den neuen
Nachbarn in ihrer Umgebung zuzuwenden – im Gleichnis
vom Barmherzigen Samariter (Lukas 10,25ff) erklärt
Jesus, wer unser Nächster ist, dem wir helfen
sollen.
-
Wir fordern alle
Missionswerke auf, Missionare, die aus
unterschiedlichen Gründen nach Deutschland
zurückkommen, hier im Dienst unter Flüchtlingen
einzusetzen. Sie sind unschätzbare Brückenbauer
zwischen den Kulturen und helfen Gemeinden, ihre
Möglichkeiten zu nutzen und zu entwickeln.
-
Die meisten Flüchtlinge
sind Bürgerkrieg oder Terror entkommen, oft
traumatisiert von der Flucht. Hier gilt Jesu
Wort: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir
zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr
habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder
gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt
gewesen und ihr habt mich gekleidet… Was ihr getan
habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das
habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,35ff). Viele
Flüchtlinge aus Eritrea, Syrien, Irak, Iran und
Westafrika sind Christen. Sie
brauchen unsere Solidarität und Hilfe. Wir bitten
darum, ihnen großzügig Privatquartiere,
Gemeindehäuser und Freizeitheime als Unterkunft
anzubieten, zumal viele auch in
Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland weiter um
ihres Glaubens willen verfolgt werden.
-
Viele Flüchtlinge sind als
Muslime islamistischem Terror
entkommen. Sie (wie auch die 5 Mio. Muslime, die
schon länger in unserem Land leben) sind tief
schockiert über die menschenverachtenden
Grausamkeiten, die im Namen ihrer Religion
angerichtet werden. Sie hatten nie die Gelegenheit,
frei zu denken und kritisch zu hinterfragen. Jetzt
brechen viele Fragen auf: Warum öffnen ihnen die aus
ihrer Sicht „ungläubigen“ Europäer die Tür und
nehmen sie freundlich auf, während ihre Cousins auf
der arabischen Halbinsel sie herzlos abweisen?
Das bringt viele ins Fragen.
-
Die meisten muslimischen
Flüchtlinge sind in ihrer Heimat nie einem
Christen begegnet; sie hatten nie einen
Nachfolger von Jesus zum Freund und haben nie das
Evangelium im Alltag erlebt. Das ist unsere
Gelegenheit, ihnen in der Liebe Jesu zu
begegnen.
-
Untersuchungen zeigen
zudem, dass viele syrische Flüchtlinge
hochgebildet sind, hart arbeiten wollen und
relativ wenige Kinder haben. Bereits vor
Beginn des Bürgerkriegs lag die Geburtenrate mit
2,3% pro Jahr recht niedrig (UN, Worldbank). Die
Ängste vor einer „biologischen Übernahme“
widersprechen den Fakten.
-
Natürlich sind Flüchtlinge
ebenso wenig „Heilige“ wie Menschen im Westen. Es
gibt darunter selbstlose und egoistische,
so wie auch unter uns. Jeder Mensch braucht die
Erlösung und das neue Leben in Jesus. In den meisten
Herkunftsländern gibt es jedoch große
Einschränkungen für christliche Gemeinden und die
Verkündigung des Evangeliums. Hier haben wir alle
Freiheit, die Liebe Jesu zu bezeugen.
-
Wir stehen ein für die
Allgemeinen Menschenrechte, Religionsfreiheit
in allen Ländern sowie den Schutz der
Minderheiten vor Manipulation und Gewalt durch
Andersdenkende. Wir setzen uns ein für Frieden,
menschenwürdige Lebensverhältnisse und
nachhaltige Entwicklung. Christen sind weltweit
besonders sozial diskriminiert und verfolgt. Wir
fordern ihren Schutz durch staatliche Organe – auch
in unserem Land. Nur so werden die Ursachen für
Flucht und Vertreibung abgebaut.
-
Wir nehmen die
Ängste in der Bevölkerung wahr und erkennen
die großen finanziellen und sozialen Leistungen, die
jetzt für die Versorgung und Integration so
vieler Flüchtlinge erforderlich ist. Als eines
der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder
der Erde können wir diese Herausforderung anpacken.
-
Viele Muslime wollen dem
allmächtigen Gott, dem Schöpfer Himmels und der
Erde, dienen, doch erscheint der Allmächtige
ihnen stets fremd, unendlich weit entfernt. Und
so suchen sie mit großem Eifer religiöse Pflichten
zu erfüllen in der verzweifelten Hoffnung, dass es
im Endgericht reicht. Denn sie wissen nichts von der
Gerechtigkeit Gottes (Röm 10,3), dass Gott
selbst die gefallene Schöpfung mit sich selbst
versöhnt hat in Jesus Christus. Diese
wunderbare Botschaft dürfen wir mit
Menschen in unserer Nachbarschaft teilen. Wir haben
heute die einzigartige Gelegenheit, vor Ort zahllose
Menschen mit Jesus bekannt zu machen, die noch nie
die Gute Nachricht gehört haben.
AEM-Vorstand am 29. September 2015
Erklärung
zum Download
|
 |
22. März 2015
Marsch des Lebens
Der
Marsch des Lebens in Darmstadt fand am 22. März 2015
statt, ziemlich genau 70 Jahre nach der Befreiung durch
die Alliierten am 24./25. März 1945. Die Route ging vom
Güterbahnhof über die Justus Liebig Schule vorbei an der
Gedenkstätte der orthodoxen Synagoge zum Luisenplatz.
Damit wurde der umgekehrte Weg beschritten, den die
Juden zu ihrem Abtransport gehen mussten. Etwa 600 bis
700 Teilnehmer aus Darmstadt und aus der weiten Umgebung
fanden sich mit Fahnen aus Israel, Hessen, Deutschland,
England und Mexiko am Güterbahnhof ein. Hier begrüßte
Hans-Martin und Anne Rommel, die Organisatoren dieses
Marsches, die Teilnehmer.
1. Güterbahnhof An dem Ort der
Verladung von tausenden von Opfern, hauptsächlich Juden
aus Darmstadt und Umgebung sowie Sinti und Roma, die
fast auf den Tag genau vor 72 Jahren von dort
abtransportiert wurden, sprachen zwei Nachfahren über
die Schuld ihrer Vorfahren. Es wurde um Vergebung
gebeten, dass die Oma geschwiegen hat und dass der
Großvater als Reichsbahnmitarbeiters die Verladung der
Menschen aktiv mit durchgeführt hat.
2. Sammlungsort der Opfer An der
Justus-Liebig-Schule, in der die Juden wochenlang unter
erbärmlichen Bedingungen ausharren mussten, bevor sie
zum Güterbahnhof getrieben wurden, erklang im Hof die
Nationalhymne Israels auf der Geige, zu der die
Teilnehmer mitsummten. Der Psalm 23 wurde auf Hebräisch
gesungen. Tiefe Betroffenheit war zu spüren, als die
Umstände geschildert wurden, die dort in den Wochen vor
der Deportation herrschten. Eine Teilnehmerin
schilderte, wie ihr Leben geprägt worden ist von der
Tatsache, dass ihre Mutter Augenzeugin dieser
Einquartierung gewesen ist.
3. Gedenkstätten Orthodoxe und Liberale Synagoge
An der Gedenkstätte der Orthodoxen Synagoge
(Bleichstr) erfolgte ein kurzer Halt. Martin Frenzel
sprach für den „Förderverein Liberale Synagoge
Darmstadt“ über die Geschichte dieser Synagoge. Die in
unmittelbarer Nähe befindliche Liberale Synagoge
(einzigartige Gedenkstätte im Darmstädter Klinikum) war
wesentlich größer und überragte die Dächer Darmstadts.
Der Besuch der Gedenkstätte auf dem Klinikumgelände ist
absolut lohnenswert. Die dritte Synagoge zu Darmstadt
gehörend befand sich in Eberstadt. Alle drei Synagogen
wurden in der Pogromnacht 1938 zerstört.

4. Luisenplatz Am Luisenplatz, dem
ehemaligen Adolf-Hitler-Platz, fand die
Abschlusskundgebung statt. Eingerahmt von jüdischen
Musikstücken sprachen mehrere Redner. Hans-Martin Rommel
drückte die Überzeugung aus, dass wo die Decke des
Schweigens bezüglich der Taten der Vorfahren aus der
NS-Zeit über den Familien zerbrochen wird, neues Leben
in Familien, die Stadt und in das Rhein-Main-Gebiet
fließt. „Schweigen tötet, reden bringt Leben!“ Er hieß
jüdisches Leben und Sinti und Roma willkommen in
Darmstadt. Martin Frenzel sprach eindrücklich über das
Wirken wichtiger jüdischer Einwohner Darmstadts und
zeigte auf, wie viel die Stadt ihnen verdankt. Erwähnt
wurden auch überzeugte Darmstädter Nazis, die nach dem
Krieg unbehelligt blieben. Deutlich sprach Herr Frenzel
über den neu aufflammenden Antisemitismus, der sich in
Europa auf allen gesellschaftlichen Ebenen erhebt, und
bezeichnete diese Veranstaltung als „längst überfällig“.
Das Gedenken an ALLE Opfer des Nationalsozialismus hob
er hervor.
Frau Susi Wolff las aus den Memoiren ihres Mannes Peter,
der viele KZ’s und den Todesmarsch aus Auschwitz
überlebte. Der Sinti Silvio und seine Frau verlasen die
Aufzeichnungen des Großvaters, der mit seiner Familie
nach Ausschwitz deportiert worden war. Nur wenige der
200 bis 300 Sinti aus Mainz haben überlebt.
Herr
Rommel erklärte, dass wir uns in tiefer Scham und Reue
vor den Opfern und ihren Nachkommen beugen und den Gott
Abrahams, Isaaks und Jakobs bitten, den Nachkommen der
Täter Reue und Versöhnung ins Herz zu geben, vor allem
Liebe für unsere Mitmenschen. Wir bitten Gott um
Vergebung der Nachwirkungen der Schuld, die in unser
Leben durch die Taten der Vorfahren kamen.
Es
folgte ein Zeugnis der Urenkel eines überzeugten
Nazitäters, der an der Zerstörung der Synagogen
Darmstadts beteiligt war. Der andere Urgroßvater war in
der Gegend von Krakau als Polizist an Gräueltaten
beteiligt, die Juden und Sinti betroffen haben. Sie
baten stellvertretend um Vergebung. Ein weiterer
Teilnehmer, von Beruf Richter, bat um Vergebung für die
Taten seines Großvater, der als überzeugter Nazi und
Richter am Sondergericht Darmstadt durch das Aussprechen
von Todesurteilen und durch das Ausnutzen von Sinti und
Roma als Zwangsarbeiter, schuldig geworden ist.
Die folgende Teilnehmerin rang nach Worten, um die
Schuld ihres Großvaters zu benennen, der als Leiter des
Arbeitsamtes Menschen in die Zwangsarbeit geführt hat.
Sie bat auch die nachfolgenden Generationen um
Vergebung, die noch unter der Last leben, die sich aus
den nicht aufgearbeiteten Traumata der Überlebenden
ergeben haben.
Anschließend sprach Jobst Bittner, Leiter der TOS
Tübingen und Iniziator der Marsch des Lebens-Bewegung
darüber, dass die Märsche zum Ziel haben, die
Überlebenden des Holocaustes zu ehren und ein Zeichen
gegen Antisemitismus und für Israel zu setzen. Er
zitierte Frau Charlotte Knobloch, der Präsidentin der
israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern:
„Das, was wir zur Zeit erleben, ist die kummervollste
und bedrohlichste Zeit seit 1945. Die Telefone stehen
nicht still und die Postfächer laufen über mit
Beleidigungen und Hassparolen, mit denen wir Juden
konfrontiert werden“. Die Gleichgültigkeit und das
Schweigen darüber ist das Kennzeichen des
Antisemitismus. Jobst Bittner fragte sich, ob wir es
uns,
gerade in Zeiten wie diesen,
leisten können,
die Bewegung wie den Marsch des Lebens aus fragwürdigen
theologischen Gründen abzulehnen. Mit dem Marsch des
Lebens stellen wir uns an die Seite Israels und
schweigen nicht mehr zum Antisemitismus dieser Zeit.
Dankbar ist er für jeden Politiker und Vertreter des
öffentlichen Lebens, der sich an die Seite der Juden
stellt.
Pastor
Jürgen Grün bekräftigte, dass sich die Evangelische
Allianz Darmstadt bewusst hinter das Anliegen des
Marsches des Lebens gestellt hat. Er sprach aus, dass
sie sich unter die Schuld aller Kirchen beugen; und dass
es ihm sehr auf dem Herzen liegt, dass die Warnung, die
aus der Aufarbeitung der Vergangenheit kommt, gehört
wird und zwar darum, weil heute wieder die alten
Mechanismen auftreten, wo Halbwahrheiten verdreht werden
und Unwissenheit triumphiert und daraus Rechtfertigungen
erwachsen, die Juden und das Land Israel ablehnen, genau
wie damals.
Pfarrer Holger Uhde der Evangelischen
Melanchthon-Gemeinde in Griesheim benannte, wie die
Evangelische Kirche in Hessen Nassau in ihrem
Grundartikel bezeugt: „Aus Blindheit und Schuld zur
Umkehr gerufen bezeugt sie (die EKHN) neu die bleibende
Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen. Das
Bekenntnis zu Jesus Christus schließt dieses Zeugnis
ein.“ Und er schilderte, wie letztes Jahr die GGE
(Geistliche Gemeinde Erneuerung der Evangelischen
Kirche) in Chemnitz in einem gemeinsamen Gottesdienst
Buße getan hat über die antijüdischen Schriften Luthers.
Hier beim Marsch des Lebens geht es um die persönliche
Buße in der eigenen Familie und dass wir als Christen
aus der Geschichte lernen wollen und bewusst aus der
Erkenntnis leben sollen, dass das Jüdische Volk die
Wurzel ist, die uns trägt.
Zum Abschluss sprachen alle zusammen ein Bußgebet, das
mit der Bitte der Teilnehmer endete, mit Gottes Liebe
erfüllt zu werden. Freude kam in die Versammlung durch
frohe israelische Lieder. Der aronitische Segen wurde
von Pastor Grün über die Versammlung, Darmstadt und das
Rhein-Main Gebiet gesprochen und anschließend noch auf
hebräisch gesungen. Wir glauben, dass es eine
unvergessliche Veranstaltung war und der Beginn von
vielen weiteren in unserer Umgebung.
(Bericht: "Netzwerkteam Marsch des Lebens Rhein-Main")
|
 |
18. Januar 2015
"Jesus lehrt beten
- Wir überwinden das Schweigen"
Die Gebetswoche der
Evangelischen Allianz in Darmstadt beginnt seit Jahren
mit einem geistlichen „Paukenschlag“. Viele
Gottesdienste in der Stadt fallen aus, damit sich deren
sonstige Besucher auf den Weg machen und gemeinsam einen
großen Gottesdienst feiern können. Zwei mal wurde schon
das Kongresszentrum „Darmstadtium“ angemietet, um mit
seinen 1800 Plätzen ein Zeichen zu setzen, dass
Gottesdienste unter Anderem auch mitten in die Stadt
gehören. Auch auf der Marienhöhe der Adventistenkirche
wurde die Gebetstswoche schon einige Mal gemeinsam
begonnen. Dieses Jahr 2015 war es wieder in der
„Jesu-Ruf-Kapelle“ der evangelischen Kommunität der
Marienschwestern und Franziskusbrüder.
Das
herausfordernde Thema: „Die Decke des Schweigens
durchbrechen“. Der Pfarrer der Leipziger Andreas-Kirche,
Thomas Piehler berichtete in der Predigt über die
Erfahrungen, die sie als Kirche mit der „überfälligen,
konkreten Aufarbeitung der Hitler-Vergangenheit“ gemacht
haben. Statt theoretischer Betroffenheit - wie bisher -
wurden die Protokolle und Texte der entsprechenden Jahre
„unter die Lupe genommen“. Erschreckende Verflechtungen
kamen zu Tage, Texte waren in den Kirchenbüchern zum
Teil einfach überklebt worden. So wurde es möglich, sich
in einer „solidarisierenden Beugung mit unter diese
Schuld der Väter zu stellen“ und Gott nochmals in aller
Klarheit um Vergebung zu bitten. Thomas Piehler konnte
berichten, wie befreiend und letztlich segensreich sich
das für die Gemeinde ausgewirkt habe. An den positiven
Entwicklungen, die daraus entstanden sind, habe man
gespürt, dass diese verdrängte Schuld letztlich auch
eine geistliche Blockade dargestellt habe.
Die
Predigt wurde von einem Zeugnis eingeleitet, in dem
einer der Pastoren der Ev. Allianz Darmstadt berichtete,
wie er im Zuge dieses Gedankenprozesses erst richtig
wahrgenommen habe, dass in der eigenen Herkunftsfamilie
immer eine Kultur des Verdrängens und Rechtfertigens
üblich war, als seien damals in der Familie alle nur
Zuschauer gewesen. So wurden viele Familien allenfalls
zu „Zuschauern der Buße“, statt es deutlich zu benennen:
„Wir sind schuldig geworden, wir brauchen Vergebung!“
Diese Wahrheitsverweigerung wurde auf die kommenden
Generationen übertragen, statt sie geistlich gesund
aufzuarbeiten. Die Impulse aus der Predigt wurden dann
konkret zum Gebet für viele Teilaspekte der Problematik.
Die
Beschäftigung mit diesem Thema entstand im
Delegiertenkreis der Evangelischen Allianz Darmstadt auf
dem Hintergrund der Frage, ob in den nächsten Jahren
eine Groß-Evangelisation mit der
Billy-Graham-Gesellschaft im Raum Darmstadt stattfinden
soll. Geistliche Blockaden, so wird es in dem Kreis
verstanden, könnten die Klärung um dieses Projekt
hindern.
Der Gottesdienst war mit über 800
Teilnehmern richtig voll, die musikalische Begleitung
wurde von Teams der Freien-Evangelischen-Gemeinde
Darmstadt sowie von „prayerland - wurzeln&flügel“ mit
gestaltet, geleitet wurde er vom derzeitigen
Vorsitzenden Dieter Kalder. Er konnte seinerseits
eingangs darauf verweisen, dass aus den herausfordernden
Themen der letzten Gottesdienste konkrete, bleibende
Wirkungen entstanden sind, wie z. B. das Projekt
„Herzzeichen“, das sich in Darmstadt erfolgreich um
Prostituierte kümmert.
(Bericht:
Pastor Jürgen Grün für die
Evangelische Allianz Darmstadt, Fotos:
Joachim S. Müller)
Predigt
Pfarrer Thomas Piehler,
Ev.-Luth. Andreasgemeinde, Leipzig
Sonntag, 18.01.2015,
Ev. Marienschwesternschaft, 12 MByte, ca. 35 Min.
Gesamter
Gottesdienst inkl. Predigt, ohne Musikbeiträge
Sonntag, 18.01.2015,
Ev. Marienschwesternschaft, 27 MByte, ca. 77 Min.
Einführung
zum Gebet
|
 |
Januar 2015
"Jesus lehrt beten -
das Vaterunser" - 169. Allianzgebetswoche weltweit
Zum 169. Mal lädt die 1846 gegründete weltweite Bewegung
der Evangelischen Allianz im Januar 2015 zur
Internationalen Gebetswoche der Evangelischen Allianz
ein. Für 2015 hat die Europäische
Evangelische Allianz Pastor Mateso Akou aus der
Demokratischen Republik Kongo um den Themenvorschlag
gebeten. Darin findet die internationale Gemeinschaft in
der Evangelischen Allianzbewegung einen konkreten
Ausdruck. Mateso Akou ist der Exekutivsekretär der
Theologischen Kommission der Afrikanischen Evangelischen
Allianz und Pastor einer französisch-sprachigen Gemeinde
in Kenia. Die Gebetswoche befasst sich 2015 mit dem
bekanntesten Gebet der Welt, dem „Vaterunser“. Unter dem
Motto „Jesus lehrt beten“ organisieren und gestalten in
Deutschland örtliche Allianzgruppen
Gebetsveranstaltungen, offene Treffen und mitunter auch
neue kreative Gebetsformen. Als Grundlage dient hierfür
das Gebetswochen-Heft, das zugleich wieder als eine
Quartalsnummer des viermal jährlich herausgegebenen
EiNS-Magazins der Deutschen Evangelischen Allianz
erscheint.
Von der Gebetswoche zur Gebetsbewegung
Die Allianzgebetswoche findet in mehr als
25 Ländern Europas sowie in Ländern anderer Kontinente
statt. Allein in Deutschland werden sich etwa 300.000
Christen in ca. 1.100 Orten aus den unterschiedlichsten
Kirchen und Gemeinden versammeln, um im Gebet Verbindung
zu Gott und untereinander zu suchen und Anliegen aus
Politik und Gesellschaft zu benennen. Sie ist zugleich
der Auftakt für eine ganzjährige Gebetsbewegung der
Evangelischen Allianz mit Vorschlägen für
Monatsgebetstreffen, in viermal jährlich erscheinenden
Gebetsheften mit täglichen Gebetsanliegen aus der
Evangelischen Allianz, der mit ihr befreundeten Werke
und Verbände und der weltweiten Christenheit.
Gebet für verfolgte Christen
Als
besondere Herausforderung für die Christen, auch im
neuen Jahr 2015, bezeichnet Hartmut Steeb, der
Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, die
Situation der bedrängten und verfolgten Christen in
vielen Ländern der Welt. „Wir nehmen die oft so
ausweglos erscheinende Situation zur Kenntnis und
unterstützen gerne die Christen und ihre Gemeinden in
der Verfolgung, wo immer das möglich ist. Aber oft sehen
wir keine Hilfsmöglichkeiten. Darum bringen wir diese
Situation vor Gott im Gebet und rufen die Christen in
unserem Land der Freiheit auf, täglich für die
verfolgten Christen und die himmelschreienden
Menschenrechtsverletzungen zu beten.“ so Steeb. Die
Deutsche Evangelische Allianz stellt darum das ganze
Jahr hindurch für jeden einzelnen Tag Betern eine
konkrete Situation vor Augen. Die Gebetsbitten können
zum laufenden Bezug per
E-Mail bestellt werden.
|
 |
Ältere Berichte |
|
|
|